Donnerstag, 4. Februar 2016

Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt

Anfang Januar sank die Schülerzahl der Englischschüler in Kalahrdaya auf ernüchternde 3. Wieso das?
Dazu gibt es viele Gründe. Zum Beispiel Prüfungen, Geldnot, keine Zeit, man kann den Deutschen nicht verstehen. Nach ein paar Hilfreichen Konversationen mit Father Saju habe ich dann langsam die Unabwendbarkeit der Entwicklung verstanden und meine positive Grundeinstellung wieder zurückbekommen. Und auch da wir von drei Wochenstunden auf zwei runtergegangen sind, hatte ich mehr Freizeit. Ich habe mich also mehr in körperlicher Arbeit engagiert. Dazu gehört es sich um Feuerholz zu kümmern und den Garten und die Grünflächen sauber zu halten.
Da die Temperaturen Anfang Januar um die zehn Grad lagen und zum Ende hin zumindest für mich angenehm warm wurden, haben wir Anfang des Jahres viele Baustellen gehabt, an denen ich mich mehr oder weniger beteiligen konnte. Nach Neujahr wurde das erste von drei Dächern der zukünftigen Marienkapelle einbetoniert, Ende des Jahres wurde das zweite Dach auf das erste gesetzt um es im Februar ebenfalls einzubetonieren. Am Ende werden alle Dächer mit kleinen Ziegeln bestückt wodurch sich die Kapelle wunderbar in den Stil von Kalahrdaya einfügen wird. Das Einbetonieren wurde von ca. 50 zusätzlichen Arbeitern ohne maschinelle Hilfe innerhalb von einem Tag beendet.
In dem Monat in der Fr. Thottam in Kerala seinen Urlaub verbracht hatte (15.12. – 19.01.) kamen insgesamt 253 Lastwagen mit Erde, Geröll, Ziegeln oder Kieseln an um den Baustoff für die Straße zu liefern. In dieser Frequenz kommen und gehen Lastwagen, seit ich im Juli angekommen bin, jeden Tag. 100 Lastwagen kosten Father Saju und Father Thottam über einen Lakh (100 000) Rupees, während die Jesuiten 6 000 Rupees pro Kopf, pro Monat bekommen. Die angehäufte Erde, bzw. Ziegel und Geröll werden von den drei Arbeitern gleichmäßig verteilt, wobei ich sie unterstützt habe. Zudem habe ich die Ziegel vom Rubbish (“Geröll”) separiert, da diese mit Vorschlaghämmern kleingeschlagen und obenauf verteilt werden, bevor wir das Ganze betonieren.
So half ich also mit wo ich konnte, gönnte mir Montags allerdings den Nachmittag, den ich mit Jesuit Juniors und Novizen im Dhayan Ashram mit Basketball und Schwimmen verbringe. In St. Pauls High gab es mit dem Jahreswechsel auch den Wechsel der Klassen. Im Januar habe ich deswegen Arbeitsblätter und Lektüre für Klasse 9 und 10 vorbereitet, die ich ab Anfang Februar beide in meiner allmorgendlichen Tuition class unterrichten werde.
Neben meiner Arbeit gab es auch einige besondere Programmpunkte, wie zum Beispiel der Besuch des Schweizer Jesuitenprovintial und des –procurators, deren Indienreise sie für eine Nacht nach Kalahrdaya geführt hatte. Dann habe ich mich zu einer Gruppe Kinder der Gemeinde Raghapur hinzugesellt und bin auf einem Lastwagen mit fetten Boxen und 30 jolenden Kindern aufs Land zu einer Missionsstation in Canning gefahren. Canning hat durchaus eine Ähnlichkeit mit Canyon. Die Landschaft dort ist eine unebene Tonoberfläche, die von Flüssen und Mangrovenbäumen durchzogen wird. Ganz im Gegensatz dazu haben wir in Kalahrdaya neben den Teichen ein großes “Feld”, eine Fläche aus Wasserpflanzen, in denen Fische und kleineres Getier lebt. Wir, die drei Arbeiter und ich, haben diese Fläche freigeschnitten, Kanälchen angelegt und begonnen mit den Händen im wadenhohen Wasser Fische zu fangen. Es gibt karpfenartige Fische mit Dornen an den Seiten und auf dem Rücken, ganz schmale Fische, die ein wenig an richtigherum gedrehte Flundern erinnern und Wels- und Aalartige Fische, die allerdings nur maximal Armlang werden, doch deren Körper ab dem Kopf bei Berührungen Hautirritationen verursacht. Während wir also mit Sichelmessern das Wassergras schnitten und zurückrollten, habe ich insgesamt sieben Fische und eine Wasserschlange gefangen. Probir, einer der Arbeiter (die anderen sind Michael und Robin) hat eine handflächen-große Langhals-Wasserschildkröte aus dem Schlamm gebuddelt und mit nach Hause genommen (Fotos -> siehe Link an der Seite).
An einem anderen Tag habe ich beim Gärtnern wilde Minze gefunden. Als ich den dreien erzählt habe, das wir in Deutschland daraus Tee machen, habe ich nur, mir unverständliche Lachanfälle als Antwort bekommen. Doch da Mashi unsere Haushälterin die Pflanze nicht kannte habe ich es lieber beim Riechen belassen.
Inzwischen hatten in der Schule die Vorbereitungen auf den Sportsday begonnen. Zur Eröffnung der Qualifikationsphase, ist der lokale Politiker gekommen und hat nach einer kleinen Ansprache im Namen seiner Partei 300 Fahrräder an die Mädchen der 10. und 11. Klasse gestiftet. Die Quali, die auch Heats genannt wurde fand an drei Tagen statt und bestand aus Läufen und Weitsprung. Am darauf folgenden Sonntag fand ein Gemeinde Fußball Turnier statt, bei dem ich auch mal den Kommentatorenplatz einnehmen durfte. Ich wurde zudem gebeten für ein bisschen Weltmeisterstimmung zu Sorgen und dieser Bitte kam ich dann mit einem zweitweise deutschen Kommentar und mit “Zeit das sich was dreht” nach. Der Hauptteil der ganzen Sportveranstaltungen waren dann natürlich die Finals. Neben den normalen Disziplinen gab es für die Anwesenden spezielle Spielchen. Die Damen der Schöpfung durften mit Wasserkrügen auf dem Kopf um die Wette laufen und mit verbundenen Augen und Stock eine Tonvase treffen. Für die Männer gab es dann Hahnenkampf, sprich Ringen mit zehn Personen gleichzeitig, bei dem es verboten war die Arme und eines der Beine zu benutzen. Ich habe aber am Publikums 100m Rennen teilgenommen und in langer Hose, Vollgummischuhen und Hemd neben bengalischen Jugendlichen im Sportsdress den dritten Platz gemacht.
Im nächsten Blog:

Anfang Februar werde ich für 12 Tage in Mumbai zum Zwischenseminar sein. Die Zugfahrt wird ca. 40 Stunden lang sein (kein Umsteigen)…