Dienstag, 8. März 2016

Mumbai, der Geburtstag und der Frühling

Anfang Februar starteten wieder meine Unterrichtsstunden in der Schule. Ich unterrichte jetzt die guten Schüler der Klassen 8 und 9 in meiner Audiovisuell Class mit Beamer, was enorme Vorteile bringt. Die Klassen, die in der St. Pauls Highschool stattfinden, laufen gut und die Schüler sind motiviert.
Die Klasse in Kalahrdaya dagegen hat stark abgebaut. Die Schülerzahl ist auf ernüchternde drei Schüler gesunken und der Unterricht kam in der zweiten Februarwoche ganz zum erliegen. Ob daran jetzt die Kälte, die Schulexamen oder ich schuld war kann ich und konnte mir keiner sagen. Mit einem unguten Gefühl und einer Problemstellung bin ich am 06. 02. in den Zug zum Zwischenseminar in Mumbai gestiegen. Das Zwischenseminar ist dazu da sich auszutauschen und Probleme in Gruppen zu besprechen und gegebenfalls zu lösen.
Die 41 Stunden lange Zugfahrt war ein großer Spaß. Ich habe zwei Nächte auf engstem Raum mit wildfremden Indern verbracht, mit denen ich über muslimische, hinduistische und christliche Weltanschauung und methaphysische Fragen diskutiert habe. (Natürlich nicht auf Bengali.) Und von denen ich mir eine stattliche Filmsammlung auf den Stick kopieren konnte. Zusammen haben wir viel gelacht, während sie mir Cricket erklät haben oder ich über einer ihrer Girlfriends urteilen sollte.
In Mumbai haben wir JVs (Jesuit Volunteers) andere Freiwillige kennengelernt und viel Spaß in der 21 köpfigen Gruppe gehabt. Neben Vorträgen und dem grandiosen Programm unserer Teamer standen auch Ausflüge in die Stadt auf dem achttägigen Programm. Nach einer 30 stündigen Zugfahrt war ich schon wieder in Kolkata und plötzlich mitten im Frühling. Die Temperaturen stiegen in der Zweiten Hälfte des Februar bis auf 32 Grad. Die Mangobäume und viele andere standen in voller grüner, roter und rosa Blüte und man konnte wieder schwimmen gehen.
Bei meiner Ankunft wurde mir Josef vorgestellt, der, wie ich ich wusste, für drei Monate mit uns wohnen wird. Er ist ein Medizinstudent, wird dementsprechend immer als der Doctor (bengl: Dactar) vorgestellt und so sind wir dann immer als Brother und Dactar unterwegs gewesen. Er arbeitet zeitweise im Hospiz der Mutter Theresa Schwestern in Kolkata und ist wie ein Mitfreiwilliger für mich. Es macht echt Laune noch einen zweiten Mann beim Fußball mit dabei zu haben oder mal abends gepflegt eine Runde Karten zu spielen oder einen Film zu gucken. Er unterrichtet auch die Tanzkinder, die später mit Father Saju durch Europa touren, in Englisch und Deutsch und gerade in der German Lesson lasse ich es mir nicht nehmen mich dazuzusetzen.
Ein paar Tage nach meiner Ankunft kam eine gute Freundin von Father Saju, Gisela, aus Deutschland zu Besuch, mit der wir alle zusammen ein paar Ausflüge unternommen haben. Während dieser Zeit kamen auch die ersten Englischschüler nach Kalahrdaya und in drei Wochen hatte ich wieder 10 Schüler, die trotz einer Woche Regen zu jeder Stunde erschienen.
Am 27. Februar war mein Geburtstag und die Überraschung, die mir meine St. Pauls Schüler bereitet haben war mein persönliches Highlight diesen Monat. Zunächst wurde die allmorgentliche Messe in eine Geburtstagsmesse umgewandelt und mir viel gratuliert. Da ich wusste, dass wir (Father Thottam, Father Saju und ich) uns nichts schenken, war ich von der großen Tafel Zartbitterschokolade, die mir Saju in die Hand drückte begeistert. Als ich dann zur Schule gefahren bin habe ich erstmal jedem Kind, das ich gesehen habe Schokobonbons in die Hand gedrückt. In der Schule wurde ich von den Schülern der Klasse 8 und 9, die ich unterrichte in Empfang genommen und mit zugehaltenen Augen auf einen Stuhl gesetzt. Als ich die Augen aufmachen durfte hatten die Schüler, die auch in der Schulband waren, Trompeten, Flöten und Klarinetten in den Händen und dann spielten sie mir ein großes „Happy Birthday“. Vor mir stand ein kleines Erdbeer-Sahne –Törtchen mit passender Aufschrift und eine riesige mixed Chocolate Packung. Nach der großen Fotosession habe ich den Kuchen an die Kinder verfüttert und dabei den einen oder anderen Sahnefleck im Gesicht bekommen. Mein Fehler war, dass ich danach das Büro von Father Amulya, in dem das ganze stattfand, verlassen habe. Dort standen nämlich alle 1200 Schüler zum Assembly und einer rief „Happy Birthday Alex“. Daraufhin war die so mühsam aufgestellten Reihen von Schülern zunichte gemacht, weil jeder Schüler meine Hand schütteln wollte, während die Lehrer versuchten Ordnung in das Chaos zu bringen...